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HDI Berufe-Studie 2022
Fast 50 Prozent aller Beschäftigten strebt Teilzeit-Arbeit an und sogar 76 Prozent befürworten die 4-Tage-Woche – Personalpotentiale in Deutschland könnten dadurch weiter sinken – Bindungen zum Beruf lassen insgesamt nach – Jeder Dritte sieht sich im angestrebten „Traumberuf“
Deutschlands Berufstätige streben deutlich veränderte Arbeitsmodelle an. Fast jeder zweite Vollzeit-Beschäftigte will zur Teilzeit-Arbeit wechseln, wenn er dazu die Möglichkeit vom Arbeitgeber bekommt (48 Prozent). Am stärksten ist der Wunsch nach kürzerer Arbeitszeit bei den Beschäftigten unter 40 Jahren. Drei Viertel aller Beschäftigten plädieren zudem für die Einführung der 4-Tage-Woche in ihren Unternehmen (76 Prozent). Besonders stark ist das in der Industrie der Fall (86 Prozent). Hier wäre sogar jeder Vierte (24 Prozent) auch bereit, dafür auf einen Teil des Lohns zu verzichten, insgesamt sind das aber nur 14 Prozent aller Beschäftigten. Zugleich sehen 41 Prozent aller Berufstätigen in Deutschland durch mobiles Arbeiten qualitativ verbesserte Ergebnisse, nur 29 Prozent bestreiten das.
Ein Treiber dieser Entwicklungen scheint die massive Digitalisierung der Arbeitswelt seit 2019 zu sein, die durch die Corona-Pandemie deutlich beschleunigt wurde. So loben heute 60 Prozent aller Beschäftigten, das sind fast ein Drittel mehr als vor der Corona-Zeit, die Digitalisierung im Beruf als hilfreich. Zugleich geht die Sorge vor Jobverlusten durch die Digitalisierung in Deutschland weiter zurück. Allerdings nimmt auch die Bindung zum Job und Unternehmen gerade bei jungen Beschäftigten signifikant ab – zugunsten einer angestrebten verbesserten Work-Life-Balance. War etwa 2020 für 69 Prozent der Berufstätigen unter 25 Jahren „ein Leben ohne Beruf nicht vorstellbar“, sind es jetzt 58 Prozent.
Dr. Christopher Lohmann, Vorsitzender des Vorstands von HDI Deutschland: „Besonders junge Berufstätige in Deutschland streben den Ergebnissen unserer Studie zufolge vehement nach mehr Freiräumen im Beruf. Sie wollen mitbestimmen, wo, wann und wie lange sie arbeiten. Ihre Vorstellungen weichen dabei deutlich von den tradierten Arbeitsmodellen ab. Die Corona-Erfahrungen haben diese Einstellungen offenbar stark befördert.“
Torsten Withake, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit, kommentiert die Studienergebnisse so: „Wir leben in einer Zeit umfassenden Wandels am Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft. Es verwundert nicht, dass die Anforderung von Unternehmen wie auch die Erwartungen der Beschäftigten an ihr Arbeits- und Alltagsleben sich rasant verändern. Digitalisierung und Automatisierung ermöglichen aber, dass zeigen auch die HDI-Zahlen, neue und bedarfsgerechte Angebote für Beschäftigte und Unternehmen. Als Begleiterin in der Transformation kann die Bundesagentur für Arbeit dabei beraten und unterstützen, die für diesen Wandel individuell richtigen Qualifizierungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu finden – und auch fördern.“
„Ich würde so schnell wie möglich mit meinem beruflichen Arbeiten aufhören, wenn ich es finanziell nicht mehr nötig hätte.“ In der ersten HDI Berufe-Studie 2019 stimmte dieser Aussage rund jeder dritte Berufstätige in Deutschland zu. Drei Jahre später und nach den Corona-Erfahrungen liegt die Zustimmung jetzt bei 56 Prozent - mehr als ein Drittel höher. Deutlich gestiegen ist dabei gerade der Anteil junger Berufstätiger, die sich auch „ein Leben ohne Beruf“ vorstellen können.
Nur etwa jeder dritte Beschäftigte (37 Prozent) gibt aktuell an, heute in dem Beruf zu arbeiten, den er sich immer gewünscht und angestrebt habe. Unter Lehrern und Ausbildern erreicht diese Quote mit 59 Prozent den höchsten Wert unter allen Berufsgruppen. Auch unter Medizinern und IT-Kräften arbeiten mit jeweils 44 Prozent überdurchschnittlich viele in ihrem „Traumberuf“. Bei Beschäftigten im Sicherheits- und Reinigungsgewerbe ist das hingegen nur zu 20 Prozent der Fall, sie bilden damit das Schlusslicht unter allen Berufsgruppen.
Ihren derzeitigen Beruf auch jungen Leuten empfehlen würden insgesamt weniger Beschäftigte in allen Berufsgruppen als im Vorjahr (65 Prozent, im Vorjahr 67 Prozent). Besonders auffällig ist dabei der starke Rückgang der Empfehlungsrate im Bereich Bau und Architektur sowie im Sicherheits- und Reinigungsgewerbe. Gestiegen ist die Empfehlungsrate für junge Leute dagegen im Bereich Recht und Verwaltung - und dies kräftig von 67 Prozent im Vorjahr auf jetzt 77 Prozent. Eine erhöhte Empfehlungsrate gibt es ansonsten nur noch in der Berufssparte Finanzdienstleistungen, Rechnungswesen und Steuerberatung. Dort erhöhte sich der Empfehlungswert gegenüber dem Vorjahr von 65 Prozent auf 68 Prozent.
„Mobiles Arbeiten verbessert die Qualität der Arbeitsergebnisse“ – 41 Prozent der Erwerbstätigen sind davon inzwischen überzeugt, nur 29 Prozent nicht. Besonders positiv ist die Meinung dazu bei jüngeren Berufstätigen unter 45 Jahren (48 Prozent zu 27 Prozent). Unternehmen, die mobiles Arbeiten anbieten, halten zwei Drittel aller Beschäftigten bei der Berufswahl daher auch für attraktiver als andere ohne solche Angebote.
Die HDI Berufe-Studie wird jährlich bundesweit durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland. Sie ermöglicht durch ihren Umfang auch repräsentative Aussagen für den Arbeitsmarkt der einzelnen Bundesländer. In diesem Jahr wurden insgesamt 3.891 Erwerbstätige ab 15 Jahren in den Monaten Juni und Juli 2022 befragt.
Alle Informationen zur HDI Berufe-Studie 2022 finden Sie hier: https://www.berufe-studie.de/