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Fachartikel
Einer dieser Tage oder „Muss man wirklich immer die Ruhe bewahren?“
Unverständnis beginnt mit Selbstüberschätzung
Was war passiert? Ich fahre wie so oft zu einem normalen mittelständischen Kunden. Einem, von dem man annehmen sollte, er sei mit Weitsicht dahin gekommen, wo er jetzt ist. Einen, von den Erfolgreichen. Self Made versteht sich. Wie für einen guten Berater üblich, spreche ich ihn natürlich auf das immer aktueller werdende Thema Cyberversicherung an. Und dann kommt wieder das, was in letzter Zeit oft der Fall ist. Ich ernte, aus tiefstem Herzen kommendes, absolutes Unverständnis. Einfach so. Begründet? Nein!
O-Ton: Man sei ja gut vorbereitet. Man beschäftige gar einen EX-Kriminalkommissar, seines Zeichens IT Forensiker und habe natürlich sämtliche Systeme nicht bloß durch eine Firewall, sondern gleich durch mehrere gesichert. Virenschutz “State oft the Art“ sei sowieso selbstverständlich. Datenschutz wurde bereits weit vor der DSGVO großgeschrieben und alle Mitarbeiter - bis hin zum Hausmeister - seien im richtigen Umgang mit verdächtigen E-Mails und der EDV geschult.
An dieser Stelle möchte ich klarstellen, dass genau solche Aussagen mehr oder minder das sind, was ich hören möchte. Es kann schließlich kaum in meinem Interesse sein, mit anzusehen, wie ihm aufgrund von Problemen mit der IT oder den Datenschutzbehörden irgendwann das Wasser bis zum Halse steht und das nur, weil er sich vorab keine Gedanken dazu gemacht hat, inwieweit man seine Cyber -Security und -Safety verbessern kann.
Dennoch bleibt zu attestieren, dass selbst das ausgefeilteste System an IT-Sicherheit keinen hundertprozentigen Schutz bieten kann. Warum? Das lässt sich wohl am einfachsten an einem bildhaften Beispiel erklären.
Nur, weil man es nicht anfassen kann, darf man es nicht vernachlässigen
Auf der einen Seite findet sich diese, aus Nullen und Einsen im Nebel der Unkenntnis wabernde, irgendwie auch geheimnisvolle, aber doch funktionierende Software. Und auf der anderen Seite etwas, das wir zumindest glauben zu verstehen, das Auto.
Ich mache sehr ungerne Unterstellungen, aber seien wir einmal ehrlich. Niemand würde doch jemals ein Auto kaufen, bei dem ersten Tag nach dem Kauf eine neue Bremsanlage geliefert würde, die dann auch bitte noch selbst zu montieren wäre.
Bei Software indes nehmen das alle einfach so hin. Der Day One Patch [1] bei Windows 10 zum Beispiel hatte eine Größe von einem Gigabyte (GB). Ein GB ist doch nichts? Zur besseren Darstellung: In normiert beschriebener A4 Seitengröße wiegt das mit Code beschriebene Papier (500.000 Blatt) damit so viel wie ein etwas teureres Modell aus Zuffenhausen. Eine Menge Code also, welche hier ersetzt wird.
Und die Installation von selbigem hat man dann auch noch selber durchzuführen. Zumindest sind die meisten Hersteller so nett und weisen einen auf die so dringend notwendige Aktualisierung via Pop-up unten rechts auf dem Desktop hin.
Lustige Anekdote in diesem Zusammenhang, mit der nicht funktionierenden Bremse würde vermutlich niemand mehr die Garage verlassen. Aber ggf. grinsen Sie jetzt schon. Wer hat denn noch niemals den Button „später erinnern“ angeklickt. Wenn man es aber nicht macht, stehen die Scheunentore halt weit auf. Den Anbieter indes interessiert dies dann nicht mehr.
Malen wir diesen Vergleich mit dem gleichen Produkt ein wenig mehr aus. Im Oktober 2018 wäre man dann morgens aus der Tür gegangen und hätte statt dem Fahrersitz gähnende Leere im Auto vorgefunden. Schlimm genug, dass das Fahren damit unmöglich geworden wäre, aber ganz nebenbei hätte man auch die so liebgewonnen, persönlich ans Hinterteil angepassten Kuhlen im Sitz verloren, welche einem nach dem Einsteigen so ein heimeliges Gefühl vermitteln.
Was war passiert? Nach einem größeren Update[2] von Windows 10 war es vermehrt zu einem Fehler gekommen, bei dem ein ganzer Ordner mit persönlichen Dateien vom PC verschwunden ist. Tatsächlich weg. Microsoft zog in diesem Zusammenhang das Update zurück, ja warnte gar vor der Installation.
Ca. einen Monat später dann, wurde das Update aktualisiert nachgeschoben (auch wenn dies bis zum Tage wo ich hier sitze und schreibe, aus Angst erst ca. fünf Prozent aller Windows 10 Nutzer das Update installiert haben). Das System hatte die Daten zum Glück nicht gelöscht, den Sitz also nur verlegt, aber dem ein oder anderen damit ganz schön den Tag versaut.
Aber mal ehrlich, wenn wir wüssten, dass uns so etwas bei einem Auto passieren kann, würde das noch jemand kaufen? Bei Software indes haben wir uns damit abgefunden, dass es immer einmal Lücken, Fehler und Probleme gibt.
[1] Fehlerbehebungen durch ein Update am Tage des Releases
[2]Microsoft Windows 10. Oktober 2018 Update
Kleiner = besser?
"100% Sicher“ das ist leider nur der Tod
Festzuhalten bleibt also, dass eine 100% Sicherheit niemals zu gewährleisten ist[4]. Datenlecks, welche selbst bei Sony[5], Apple[6], LinkedIn[7] und vielen anderen Unternehmen auftreten -und denen attestiere ich beileibe das Know-how, die Mittel und die Ressourcen um Systemsicherheit bestmöglich zu gewährleisten- , zeigen auf, dass es ein wenig vermessen ist als Mittelständler zu behaupten, mir könne so etwas nicht passieren. Hier mal ein paar andere Hacks der letzten Jahre, die mehr oder minder umfangreiche Auswirkungen hatten:
- Stahlwerk: Mittels ausgefeiltem Social Engineering (also dem Versuch über Mitarbeiter an Zugänge und Informationen zu kommen) gelingt es Hackern, sich Zugriff auf die Steuerung der Produktionsanlagen eines Stahlwerkes zu besorgen. Der Ofen befindet sich daraufhin in einer unkontrollierten Lage und es entstehen immense Schäden am Material.
- Flughafen: Die schwedische Bodenkontrolle wird augenscheinlich Ziel eines Hackerangriffs. Diesen gelingt es mehrfach die Beleuchtung der Landebahn ein und auszuschalten.
- Krankenhäuser: Das Lukaskrankenhaus in Neuss wird gehackt & im Frühjahr 2017 legt ein Erpresservirus (vermutlich der Anhang einer E-Mail) 45 Krankenhäuser in England lahm.
- 2018: Es kommt zum Hack der weltweit größten Hotelkette. Das Reservierungssystem der Hotels Westin, Sheraton, Le Méridien, St. Regis und W Hotels ist der Betreiberfirma Marriott wird unberechtigt infiltriert und Namen, E-Mail-Adressen, Anschriften, Passnummern, Geburtsdatum, Kreditkartendaten von mehr als 320 Millionen Hotelgästen wurden unbefugt kopiert. Ganz Neben bei erbeuten die Hacker noch die Daten zu den Reisezeiträumen.
[3] https://www.youtube.com/watch?v=sxzCbLRbIkA (Beispiel eines seiner Videos gefunden am 01.12.2018)
[4] Siehe dazu auch den jährlichen BSI Lagebericht zur IT Sicherheit (gefunden am 01.12.2018)
[5] Hacker entwenden Mailverkehr, Daten sowie E-Mail Adressen von Angestellten und vieles mehr. (gefunden am 01.12.2018)
[6] Ein 19-Jähriger hat binnen eines Jahres ca. 90 GB Daten von Apple geklaut.
[7] Diebstahl von 167.000.000. Nutzerkonten tauchen im Netz auf.
„Selbstüberschätzung“ versus „Realität“
Was oft vergessen wird
Man versetze sich jetzt doch einfach in die Lage eines nicht ganz so netten Hackers oder Ideensuchers aus vielleicht Fernost, also dem heutigen „Ausland“. Mithilfe von Facebook ist heute doch ein leichtes herauszufinden, wann der verantwortliche IT Mitarbeiter im Wochenende oder gar im Urlaub ist. Ein guter Zeitpunkt, um eine Attacke durchzuführen.
Um - auch wenn ich etwas aufgewühlt bin - zum Abschluss zu kommen, man muss schon die Fäuste ballen, um ruhig zu bleiben und nicht mit der falschen Wortwahl wachzurütteln. Denn, wie solch emotional aufgeladene warmen Worte dann ankommen, kann sich wohl jeder selber ausmalen.
Die Hoffnung bleibt, dass irgendwann auch in den letzten Winkeln ankommen möge, wie wichtig ein vernünftiger Cyberversicherungsschutz ist. Bis dahin werde ich mir weiterhin das Unverständnis der Unternehmer anhören und meine Botschaft in die Welt tragen. Wie ein Bauer der säht hoffe ich auf reiche Ernte.
Wir sind persönlich für Sie da
HDI Generalvertretung Probson & Schäfer
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