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Die D-Arzt-Tätigkeit
Die D-Arzt-Tätigkeit ist entscheidend für die Behandlung von Arbeits-, Wege- und Schulunfällen und erfolgt über die gesetzliche Unfallversicherung. Der D-Arzt handelt im Auftrag der Berufsgenossenschaften und wird bei Verletzungen konsultiert, die zu mehr als einem Tag Arbeitsunfähigkeit führen oder längerfristige ärztliche Behandlung erfordern.

Bei der D-Arzt-Tätigkeit (die Abkürzung steht für Durchgangsarzt) handelt es sich um die Behandlung von Arbeits-, Wege- und Schulunfällen.
Hintergrund ist, dass bei einem Arbeitsunfall nicht die Krankenkasse der Kostenträger ist, sondern die gesetzliche Unfallversicherung. Daher ist für die Behandlung auch keine Chipkarte (für GKV-Patienten) erforderlich.
Der D-Arzt agiert dabei im Auftrag der Berufsgenossenschaften (BG) als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Arzt erfüllt demzufolge die der BG obliegende Aufgabe, insofern handelt es sich um die Ausübung eines öffentlichen Amtes.
Der D-Arzt muss immer dann aufgesucht werden, wenn durch die Verletzung mehr als ein Tag Arbeitsunfähigkeit entsteht oder die ärztliche Behandlung länger als eine Woche andauern könnte.
Verankert ist die D-Arzt-Tätigkeit im Sozialgesetzbuch (SGB) VII im Rahmen der Regelung der gesetzlichen Unfallversicherung.
Voraussetzung ist die Facharztanerkennung in den Bereichen Chirurgie oder Orthopädie und Unfallchirurgie. Zudem muss der Arzt mindestens ein Jahr in einer unfallchirurgischen Abteilung eines für schwere Verletzungsarten zugelassenen Krankenhauses Erfahrungen erworben haben. Oft verfügen die D-Ärzte daher über die Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“. Diese sind zu regelmäßigen unfallchirurgischen Fortbildungen verpflichtet.
Bestellt wird der D-Arzt durch die Landesverbände der Unfallversicherungsträger (DGUV), die die entsprechende Zulassung erteilen. Für niedergelassene Ärzte gelten dabei besondere Vorgaben zur personellen, räumlichen und medizinisch-technischen Praxisausstattung. Zudem muss eine ständige unfallärztliche Bereitschaft gewährleistet werden.
Ausnahmen gibt es bei Verletzungen aus den Bereichen Augen- oder HNO-Heilkunde und Zahnheilkunde. Patienten mit solchen Verletzungen werden direkt bei den Fachärzten vorgestellt, die automatisch als D-Ärzte gelten.
Die D-Arzt-Tätigkeit muss vom dafür ermächtigten Arzt persönlich erbracht werden. Ständige Vertreter sind durch den DGUVzu benennen .
Der D-Arzt stellt die medizinische Diagnose, ermittelt den Sachverhalt (inkl. der Bewertung, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt), führt die fachärztliche Erstversorgung durch und entscheidet über die weitere Heilbehandlung, sprich, ob eine Weiterbehandlung über den Hausarzt möglich und ausreichend ist oder ob eine fachärztliche Behandlung notwendig ist .
Wird eine Weiterbehandlung beim Facharzt erforderlich, erfolgt diese in der Regel beim D-Arzt selbst, dann aber in dessen „normalen“ Funktion als niedergelassener Arzt in eigener Praxis bzw. als angestellter Ober- oder Chefarzt einer Klinik. Die Weiterbehandlung ist dann nicht mehr der D-Arzt-Tätigkeit zuzuordnen. Insofern ist bei der Erst- und der Weiterbehandlung durch die identische Person die jeweilige Art der Haftung hinsichtlich der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Funktionen (öffentlich-rechtliches versus privatrechtliches Behandlungsverhältnis) abzugrenzen.
Darüber hinaus übernimmt der D-Arzt die Dokumentation des Vorfalls.
Außerdem verantwortet er die Verordnung von Heilmitteln (z. B. Physiotherapie) und Hilfsmitteln (z. B. Orthese).
D-Ärzte erstellen zudem medizinische Gutachten für die Unfallversicherungsträger und übernehmen die Planung und Koordination von Rehabilitationsmaßnahmen, um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen.
Für sehr schwere Verletzungen mit der Notwendigkeit einer stationären Behandlung erfolgt die Aufnahme der Patienten in einer Klinik. Die meisten Unfallchirurgischen Ambulanzen verfügen über einen Arzt mit der Zulassung als D-Arzt.
Die Landesverbände beteiligen dabei ausschließlich besonders geeignete Krankenhäuser am stationären Durchgangsarztverfahren. Diese müssen spezielle personelle, apparative und räumliche Anforderungen erfüllen und zur Übernahme bestimmter Pflichten bereit sein.
Zudem gibt es deutschlandweit BG-Kliniken an 13 Standorten. Es handelt sich dabei um die medizinischen Versorgungseinrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland mit Spezialisierung auf die Akutversorgung und Rehabilitation schwerverletzter und berufserkrankter Menschen. Sie besitzen besondere Kompetenzen und sind für die Behandlung nach dem Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV) zugelassen (= höchste Stufe). In diesen Einrichtungen können Schwerst-Unfallverletzte, insbesondere mit Querschnittlähmung, Schädel-Hirn-Verletzungen und Brandverletzungen, behandelt werden. Exemplarisch sei hier die BG-Unfallklinik in Ludwigshafen genannt, die eine besondere Expertise im Bereich Brandverletzungen aufweist.
Die stationären Heilverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung sind (seit 2013) dreistufig gegliedert. Je nach Art und Schwere der Verletzung muss die Behandlung in der entsprechenden zugelassenen Klinik erfolgen. Es werden folgende Verfahren unterschieden:
• Stationäres Durchgangsarztverfahren (DAV)
• Verletzungsartenverfahren (VAV)
• Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV)
Die Zuweisung richtet sich dabei nach dem Verletzungsartenverzeichnis. Hierin ist geregelt, welche Fälle dem Verletzungsartenverfahren und welche dem Schwerstverletzungsartenverfahren zuzuordnen sind. Alle übrigen Verletzungen können im Rahmen des stationären Durchgangsarztverfahrens behandelt werden.
In Deutschland gibt es ca. 4.200 zugelassene D-Ärzte (niedergelassene sowie an Krankenhäusern und Kliniken tätige Ärzte).*
Pro Jahr werden ca. 3,2 Mio. Patienten im Durchgangsarztverfahren behandelt.*
Die DGUV stellt ein Verzeichnis aller D-Ärzte zur Verfügung. Es listet die niedergelassenen sowie an Krankenhäusern und Kliniken tätigen Ärzte auf, die in das Durchgangsarztverfahren vertraglich eingebunden sind. Das Verzeichnis können Sie hier einsehen.
*Quelle: DGUV
Da der D-Arzt quasi als Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung tätig wird, handelt es sich um ein öffentliches Amt, sprich um eine hoheitliche Tätigkeit im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB. Ist seine Entscheidung über die Art der Heilbehandlung oder die Überwachung des Heilungsverlaufs im Rahmen einer Nachschau fehlerhaft und wird der Verletzte dadurch geschädigt, haftet für Schäden nicht der D-Arzt persönlich, sondern der Unfallversicherungsträger:
Nach Art. 34 Satz 1 GG haftet anstelle eines Bediensteten, wenn dieser in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amts gehandelt hat, der Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Die persönliche Haftung des Bediensteten ist in dem Fall ausgeschlossen.
Gemäß dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss v. 09.01.2023 – VI ZB 80 / 20) sind Regressansprüche der Berufsgenossenschaft gegenüber dem D-Arzt ebenfalls als öffentlich-rechtlicher Natur zu qualifizieren (§ 280 Abs. 2 BGB analog in Verbindung mit § 34 Abs. 3 SGB VII)
Die Mitversicherung der D-Arzt-Tätigkeit ist automatisch ohne besonderen Einschluss oder explizite Nennung im Vertrag der Berufs-Haftpflichtversicherung im Rahmen der Absicherung von niedergelassenen Ärzten sowie der dienstlichen oder freiberuflichen Nebentätigkeit gegeben.
Versichert wird dabei der mögliche Regress, den die BG gegen den Arzt unter bestimmten Voraussetzungen vornehmen kann. Der Versicherungsschutz der Berufs-Haftpflichtversicherung bezieht sich auch auf öffentlich-rechtliche Ansprüche, welche sich aus einem Regress der Unfallversicherungsträger gegen den Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person ergeben können, soweit diese im Zusammenhang mit der Erbringung medizinischer Behandlungen stehen. Teil der Leistung von HDI für den Arzt ist dabei auch die Übernahme der Abwehr unberechtigter Ansprüche der BG gegen den D-Arzt.
Autorin:
Annette Dörr, Dipl.-Betriebswirtin (BA), HDI