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Sichere Dokumentation im Zeitalter der elektronischen Patientenakte
Die ordnungsgemäße Führung einer Patientenakte ist für Ärzte eine unverzichtbare Pflicht, die jedoch oft unterschätzt wird. In Zeiten der Digitalisierung wirft die Nutzung elektronischer Patientenakten rechtliche Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit und Indizwirkung von Dokumentationen. Erfahren Sie, welche Haftungsrisiken bestehen und wie durch geeignete Maßnahmen, wie Schreibschutz und Datensicherungen, die Integrität Ihrer medizinischen Dokumentation gewährleistet werden kann.

Die Führung einer Patientenakte ist eine wesentliche und häufig unterschätzte Nebenpflicht des Arztes aus dem Behandlungsvertrag. Zwar dient sie in erster Linie dem therapeutischen Interesse des Patienten, also der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Behandlung bzw. deren Fortführung. Jedoch kommt ihr auch im Fall eines Haftungsprozesses eine oft wegweisende Bedeutung zu. Mit der Dokumentation stellt der Arzt letztlich das Behandlungsgeschehen unter Beweis. Ist die Dokumentation ordnungsgemäß und insoweit nachvollziehbar, hat das Gericht ihr zunächst einmal Glauben zu schenken. Ihr kommt eine Indizwirkung zu.
Da auch in Arztpraxen die Digitalisierung Einzug hält und immer häufiger elektronische Patientenakten genutzt werden, ist ein genauerer Blick auf die haftungsrechtlichen Besonderheiten dieser Art der Dokumentation zu richten.
Das Patientenrechtegesetz statuiert in § 630 f Abs. 1 BGB die Pflicht, in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Behandlung eine Patientenakte zu führen. Berichtigungen und Änderungen im Nachgang sind nur zulässig, wenn der ursprüngliche Inhalt erkennbar ist. Für elektronisch geführte Akten ist dies sicherzustellen.
Ist die genutzte Software demnach nicht entsprechend eingerichtet, entfaltet sie nicht die Indizwirkung wie eine handschriftlich geführte Dokumentation. Es fehlt ihr nach Auffassung der Rechtsprechung die Überzeugungskraft und Zuverlässigkeit. Im Gegensatz zur handschriftlichen Dokumentation können nämlich nachträgliche Änderungen nicht mehr so einfach festgestellt werden.
Patientenanwälte versuchen daher immer häufiger, Informationen bezüglich der genutzten Software und der Frage einzuholen, ob die erstellten Einträge schreibgeschützt sind.
Auch wenn die Indizwirkung einer nicht entsprechend geschützten EDV-Dokumentation zunächst entfällt, führt dies nicht automatisch dazu, dass die Dokumentation unberücksichtigt bleibt. Vielmehr können weitere
Beweismittel die Ordnungsmäßigkeit der Dokumentation stützen. In diesem Zusammenhang ist an eine mögliche im Hintergrund stattfindende Protokollierung der Daten zu denken. Üblicherweise kann auf dieses Protokoll lediglich der Systemadministrator zugreifen. Ferner können regelmäßig durchgeführte Datensicherungen, die allerdings nicht überschrieben sein sollten, die unveränderte und damit ordnungsgemäße Dokumentation unter Beweis stellen.
Grundsätzlich sollte bei der Nutzung einer EDV-Dokumentation dringend darauf geachtet werden, dass die Einträge schreibgeschützt sind. Nur in diesem Fall entfaltet die Dokumentation die gewünschte Indizwirkung. Ist ein solcher Schreibschutz nicht implementiert, ist es hilfreich, sich über die Protokollmöglichkeiten der Software zu informieren oder zumindest regelmäßige Backups des Systems vorzunehmen und diese nicht zu überschreiben.
Autorin:
Isabel A. Ibach, Syndikusanwältin (Rechtsanwältin)