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Kosten fest im Griff?! Risiken und Fallstricke bei Kostenobergrenzen für Planer
„Wer soll das bezahlen? Wer hat das bestellt?
Wer hat so viel Pinkepinke? Wer hat so viel Geld?“
Fragen, die sich bereits 1949 im Kölner Karneval auftaten und (leider) auch bis heute noch allzu häufig bei zahlreichen Baumaßnahmen einen festen Bestandteil der Gespräche zwischen Bauherrschaft und Planern ausmachen.
In der Regel wird eine solche Kostenobergrenze auf eine von zwei Arten im Vertrag verankert:
- als Zielgröße (unverbindliche Kostenorientierung)
- als verbindliche Höchstsumme (verbindliche Kostenbegrenzung)
Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) enthält in § 3 Abs. 1 eine grundsätzliche Pflicht des Architekten zur Kostenplanung. Die Rechtsprechung erkennt zudem an, dass der Architekt als Planer für eine wirtschaftlich vertretbare Planung verantwortlich ist. Hierzu hatte sich der BGH bereits vor längerer Zeit geäußert:
„Ein Mangel eines Architektenwerks kann auch dann vorliegen, wenn die Planung zwar technisch funktionstauglich ist, aber gemessen an der vertraglichen Leistungsverpflichtung ein übermäßiger Aufwand betrieben wird. Denn ein Vertrag über eine Planungsleistung ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Planung einen übermäßigen, nach den Umständen und insbesondere den Anforderungen der Technik unnötigen Aufwand vermeiden soll. Nichts anderes gilt für die Planungsleistungen eines Ingenieurs. Sowohl der Architekt als auch der Ingenieur haben im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung wirtschaftlich-finanzielle Gesichtspunkte ihres Auftraggebers zu beachten.“
Wird im Vertrag ausdrücklich eine verbindliche Kostenobergrenze vereinbart, so ist diese nach ständiger Rechtsprechung als Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB zu werten. Eine Überschreitung dieser Grenzen stellt somit regelmäßig einen Mangel der Planerleistung dar – und zwar unabhängig davon, ob der Planer diese Überschreitung zu vertreten hat!
Als Voraussetzung für die Bejahung einer solchen Kostenobergrenze und damit das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung genügt es, wenn der Auftraggeber eine Kostengrenze benennt und der Planer dem nicht widerspricht. In diesem Fall kann und darf der Auftraggeber davon ausgehen, dass die Kosten akzeptiert sind.
Die Vereinbarung eines solchen Kostenlimits kann sogar ohne schriftliche Vereinbarung im Vertrag als Beschaffenheitsvereinbarung zum Tragen kommen. Ein konkludent vereinbartes Baukostenlimit (Kostenobergrenze) liegt bspw. dann vor, wenn der Planer seine Kostenermittlung an die Finanzierungsvorgaben des Auftraggebers anpasst und der Auftraggeber ihn erst aufgrund einer diesen finanziellen Vorgaben entsprechenden Kostenschätzung beauftragt.
Risiken und Schwierigkeiten für den Planer
Wichtig: Bei Änderungen ist dem beauftragten Planer eine (pro)aktive Beratungsleistung zu den Kosten gefordert. Dies gilt auch bei Verträgen, bei denen dies nicht explizit gefordert wird!
Ggf. unklare Leistungsabgrenzung
In der Praxis bestehen oft Unklarheiten darüber, welche Leistungen die Kostenobergrenze umfasst. Bezieht sie sich auf den Stand der Kostenberechnung, -anschlag oder -feststellung? Werden Baunebenkosten einbezogen? Ohne präzise Definition drohen spätere Auslegungskonflikte.
Widersprüche zu HOAI-Leistungsbildern
Die HOAI sieht in den Leistungsphasen 2–7 eine sukzessive Konkretisierung der Kosten vor. Eine verbindliche Kostenobergrenze ab Vertragsschluss läuft dabei eigentlich dem Grundprinzip der Planungsentwicklung entgegen und erfordert daher eine planungsbegleitende Überwachung und Anpassung, die über das übliche Maß hinausgeht.
Um die Risiken zu beherrschen, sollten Planer und Bauherren folgende Punkte beachten:
- Vereinbarung einer klaren Definition der Kostenobergrenze
Dieser Punkt umfasst insbesondere die Fragen nach den umfassten Kostengruppen, ob und bejahendenfalls, inwieweit sich die Grenze auf einen bestimmten Planungsstand bezieht und schließlich, ob die Kostenobergrenze mit oder ohne entsprechenden Risikopuffer vereinbart wird. - Differenzierung zwischen Ziel- und Höchstkosten
Die Vereinbarung sollte zwischen Zielkosten und verbindlicher Kostenobergrenze unterscheiden. Zielkosten können als Planungsleitlinie dienen – ohne haftungsrechtliche Bindung. Eine verbindliche Kostenobergrenze hingegen sollte nur bei guter Planungsgrundlage festgelegt werden. - Vertragsklauseln zur Haftungsbegrenzung
Mittels einer entsprechenden Vertragsgestaltung können Haftungsrisiken weitestgehend reduziert werden. Hierzu zählen etwa Punkte wie die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für Preissteigerungen, die Vereinbarung einer Kostentoleranz (z.B. +/- 10%), die Auflösung der Kostenobergrenze bei Änderungswünschen des Bauherrn oder die Pflicht zur Kostenanpassung bei veränderten Rahmenbedingungen. - Dokumentation und Kommunikation
Der Planer sollte alle Änderungen, Mehrkosten und Risiken frühzeitig dokumentieren und kommunizieren. Je transparenter der Planungsprozess, desto besser lassen sich spätere Konflikte vermeiden.
Die einschlägige Rechtsprechung hierzu hat in den letzten Jahren mehrfach bestätigt, dass eine verbindliche Kostenobergrenze zu einer strengen Erfolgshaftung des Planers führen kann. Dabei ist eine „Erklärung, die Baukosten sollten maximal einen bestimmten Betrag nicht überschreiten“ nach wohl überwiegender Meinung ausreichend, um zumindest eine „einzuhaltende Kostenvorstellung“ zum Ausdruck zu bringen.
Auch wenn der Architekt seine Pflichten erfüllt hat, kann eine Überschreitung unter Umständen zu einer Rückforderung von Honoraren oder Schadensersatz führen. Wenn und soweit hingegen eine konkrete Überschreitung einer fest vereinbarten Kostenobergrenze vorliegt, können Honoraransprüche für die erbrachten Planungsleistungen sogar gänzlich entfallen.
Erfreulicherweise wurde allerdings auch „jüngst“ noch einmal gerichtlich festgestellt, dass die Beauftragung der Einhaltung der Kostenobergrenze nicht dazu ausreicht, ebenfalls eine entsprechende Verantwortung für ein vom Bauherrn erstelltes und nicht vom eigentlichen Planungsumfang des Architekten umfasstes Leistungsverzeichnis und die diesem zugrundeliegende Planung zu begründen. Wörtlich wurde hierzu unter anderem ausgeführt:
„Schließlich ergibt sich weder aus der HOAI noch aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien, dass die Beklagte Verantwortung für fremde Planungen übernehmen soll oder muss. Dies wäre auch sinnwidrig, da die Beklagte dafür sonst Honorar verlangen könnte. Es spielt in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, ob das Leistungsverzeichnis von einem Fachplaner oder einem baubeteiligten Unternehmen stammt. Die Beklagte hat somit nicht mehr getan, als das, was ihr vertraglich oblag. Das waren insbesondere die Einhaltung der Kostenobergrenze und die Verwendung der Beiträge anderer Fachplaner und die Koordinierung der entsprechenden Leistungen. Mehr kann der Tätigkeit der Beklagten nicht entnommen werden.“
Letztlich bleibt es aber dabei:
Mit der aktuellen Fassung der HOAI 2021 und dem Wegfall der Mindest- und Höchstsätze ist die vertragliche Gestaltung noch wichtiger geworden. Der Trend geht dahin, dass Bauherren vermehrt konkrete Kostenziele einfordern – was einen möglichst rechtssicheren Umgang mit dieser Thematik umso wichtiger macht!
Die Vereinbarung einer Kostenobergrenze ist ein legitimes Mittel zur Kostenkontrolle, stellt aber für sämtliche Planer ein haftungsträchtiges Terrain dar.
Wer als Architekt oder Ingenieur eine solche Grenze akzeptiert, sollte sich über die Tragweite im Klaren sein und sich vertraglich absichern. Für Bauherren bietet die Kostenobergrenze zwar eine vermeintliche Sicherheit – sie funktioniert aber nur dann sinnvoll, wenn Planung und Realität regelmäßig abgeglichen werden.
Ein ausgewogener Vertrag und eine realistische Kostenentwicklung sind letztlich für beide Seiten der beste Schutz.
Letztlich ist den Parteien stets zu raten, dass – im Optimalfall – bereits vor Vertragsschluss die Kostenfrage offen und besprochen und das Ergebnis in einer für beide Seiten vertretbaren Weise im Vertrag festgehalten werden soll.
Wird eine Kostenobergrenze vertraglich vereinbart, sollte der Architekt darauf achten, dass hierdurch nicht der Versicherungsschutz seiner Berufshaftpflichtversicherung gefährdet wird. Da viele Versicherer Schäden, die aus einer verbindlich zugesagten Kostengarantie resultieren, vom Versicherungsschutz ausschließen, ist von der Vereinbarung einer solchen Garantie in der Regel dringend abzuraten.
Autor:
Richard Geiss
Rechtsanwalt
Köln
Richard.geiss@rechtsanwalt-koenn.de