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HDI INGLetter Oktober 2023: Vertragsgestaltung mit integrierter Projektabwicklung – IPA
Was ist IPA und wo ist der Unterschied zu anderen Projektformen?
Große und komplexe Bauvorhaben verlaufen nach wie vor oft nicht reibungs- und problemlos und ziehen Überschreitungen bei Terminen und Kosten mit sich. Möglichkeiten,sich vertraglich für größere und komplexere Bauprojekte zusammenzuschließen,gibt es viele. Eine Möglichkeit, die schon einige Zeit intensiv am Markt diskutiert und auch mehr und mehr in ersten Piloten praktiziert wird, ist die Vertragsgestaltung in Form der integrierten Projektabwicklung (IPA) mit einem Mehrparteienvertrag. Das Kongresshotel in der Hamburger HafenCity z. B. wurde zur Planung und Ausführung mit einem Mehrparteienvertrag abgeschlossen.
Planer und Ausführende werden vertraglich vorzeitig, bereits zum Zeitpunkt der Vorplanung und nicht erst nach der abgeschlossenen Planungsphase eingebunden. Team- und Kommunikationsfähigkeit stehen daher bei IPA Projekt besonders im Fokus. Im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Vertragsmöglichkeiten, bei denen der Auftraggeber mit Planern und Ausführenden gesonderte Vertragsabschlüsse tätigt, schließen hier alle Beteiligten einen Vertrag (sog. Mehrparteienvertrag).
Entscheidungen zu Punkten wie Kosten, Terminen und Qualitäten werden gemeinsam von allen Parteien und einstimmig getroffen („Best for Project“). Im Vordergrund steht bei einem IPA Projekt die gemeinsame Verantwortung – „kein „Blame-Game“.
Das Thema Haftung wird hier ebenfalls aus dem Gedanken des gemeinsamen Interesses neu gedacht. Ein Haftungsverzicht bzw. Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für Planungsfehler ist ebenfalls Bestandteil des IPA Modelles.
Das projektspezifische Risikobudget und die Boni werden ebenfalls gemeinsam für einen gemeinschaftlichen finanziellen Anreiz gebildet. Eine weitere Besonderheit ist das Vergütungsmodell auf Selbstkostenbasis. Der Bauherr trägt die tatsächlich anfallenden Planungs- und Ausführungskosten inkl. der Kosten für Planungsfehler, wofür er ein separates Budget zur Verfügung stellt.
Planern und den Ausführenden werden die von ihnen aufgewandten Selbstkosten erstattet. Wagnis und Gewinn z. B. werden dagegen ins Risiko gestellt, also nur dann erstattet, soweit die zu erstattenden Selbstkosten der Beteiligten die in der Validierungsphase festgelegten Kosten und das Risikobudget nicht überschreiten. Im Falle einer Überschreitung geht dies somit zulasten der geplanten Gewinne. Hierdurch soll ein Anreiz zu geringen Selbstkosten geschaffen werden.
Um effektiv zusammenzuarbeiten, müssen auch entsprechende Arbeitsmethoden eingesetzt werden, sodass z. B. auch Building Information Modeling (BIM) hier zum Einsatz kommt.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch im Rahmen eines IPA Projektes nicht alles wie gewünscht läuft und Konflikte entstehen können, ist auch ein Konfliktmanagement Teil des Projektes. Konfliktlösung kann danach auf verschiedenen Ebenen erfolgen – bevorzugt auf der, in der der Konflikt entstanden ist.
Der Deutsche Baugerichtstag hat sich auf der Tagung im Mai 2023 ebenfalls intensiv mit dem Thema IPA beschäftigt und Empfehlungen ausgesprochen. Unter anderem wurde empfohlen, für die gemeinsame Risikotragung Verschuldensgrad, Art und Zeitpunkt des Fehlers festzulegen sowie eine gemeinsame Risikotragung für Aufwendungen für Planungsfehler zu berücksichtigen. Aufwendungen für die Beseitigung von Ausführungsfehlern, die durch Planungsfehler entstanden sind, sollen ebenfalls der gemeinsamen Risikotragung unterfallen. Darüber hinaus wurde auch die Empfehlung ausgesprochen, dass es keine gemeinsame Risikotragung für grob fahrlässig und vorsätzlich verursachte Schäden geben sollte.
In den Mustervertragsbedingungen wurde ein Punkt zum Thema Versicherung aufgenommen, die seitens der Auftraggeber:in für alle Beteiligten abgeschlossen werden soll. Haftungsfragen und Risiken müssen daher vorab geklärt werden. Die Versicherung sollte auf das Projekt zugeschnitten sein, die die Haftung der Beteiligten – soweit möglich – abdeckt. Da auch Versicherungsschutz nicht grenzenlos ist, sollte eine rechtzeitige Einbindung des Versicherers erfolgen sowie Details des IPA Vertrages mit evtl. Haftungsklauseln bekannt sein, um verbleibende Projektrisiken durch den Risikopool bzw. individuelle Absicherung auszugleichen.
Autorin:
Mona Rizkallah
Syndikusrechtsanwältin
Senior Produkmanagerin/Senior Underwriter
HDI Versicherung AG, Hannover
mona.rizkallh@hdi.de