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HDI MedLetter März 2022: Ordnung ist das halbe Leben
Insbesondere in der niedergelassenen Praxis stehen neben der rein ärztlichen Tätigkeit immer auch organisatorische Themen zur Entscheidung. Vor dem Hintergrund der auf Effizienz getrimmten Gesundheitsversorgung gilt es, schlanke Abläufe zu implementieren. Doch dürfen verschlankte Abläufe kein Einfallstor für etwaige Haftungsfälle werden. Bei dem Thema Aufklärung besteht in dieser Hinsicht ein nicht zu unterschätzendes Risiko. In diesem Artikel sollen typische organisatorische Problemfelder in Bezug auf die Aufklärungsverpflichtung dargestellt werden.
Zeitpunkt der Aufklärung
Aufklärungspflichtiger
Ein weiterer Bereich, in dem es zu organisatorischen Fehlern kommen kann, bezieht sich auf die Frage, wer die Aufklärung durchführen muss. Grundsätzlich trifft diese Pflicht den operierenden Arzt. Der kann das Gespräch aber auch einem anderen Arzt anvertrauen, sofern dieser über die fachliche Qualifikation verfügt. Dabei muss dieser Arzt zumindest die theoretische Befähigung zur Durchführung des geplanten Eingriffs besitzen. Denkbar ist demnach auch die Aufklärung durch einen Assistenzarzt, wie es häufig in Krankenhäusern geschieht. Aber auch im ambulanten Bereich kommt es immer wieder zur Delegation der Aufklärung, insbesondere wenn Patienten aus einem großen räumlichen Umfeld kommen. Aus Gründen der Verschlankung der Abläufe wird oft die OP-Aufklärung dem überweisenden Arzt überlassen. Auch hier muss darauf geachtet werden, dass es sich um einen Fachkollegen handelt, der zumindest über die theoretischen Kenntnisse bezüglich der geplanten OP verfügt.
Der Operateur sollte sich im Falle der Delegation noch einmal selbst von der ordnungsgemäßen Aufklärung überzeugen und dies auch entsprechend dokumentieren. Insofern bleibt es unverzichtbar, die Aufklärungsdokumentation anzusehen und zu überprüfen.
Keinesfalls darf die Aufklärung durch nicht ärztliches Personal erfolgen.
Aufklärungsadressat
Die Aufklärung hat gegenüber demjenigen zu erfolgen, der die Einwilligung zu dem Eingriff zu erteilen hat. Regelhaft ist dies der Patient selbst. Bei Minderjährigen und Geschäftsunfähigen ist dies grundsätzlich der gesetzliche Vertreter.
Bei Minderjährigen sind die gesetzlichen Vertreter die sorgeberechtigten Personen. Insofern reicht es an sich nicht aus, wenn nur ein Elternteil aufgeklärt wird und seine Einwilligung erteilt. Dies wird lediglich bei einfachen und risikoarmen Eingriffen ausreichen. Nun ist in den meisten Fällen aber häufig nur ein Sorgeberechtigter anwesend, wenn der Arzt das entsprechende Gespräch führen möchte. In diesen Fällen und wenn es um schwerwiegendere Eingriffe geht, sollte sich der Arzt vergewissern, dass die anwesende sorgeberechtigte Person von dem anderen Sorgeberechtigten ermächtigt wurde.
Verfügt das minderjährige Kind über die notwendige Einsichtsfähigkeit, kann es zumindest bei kleineren Eingriffen auch ausreichend sein, dass es selbst dem Eingriff zustimmt. So kann ein 16-Jähriger in die Entfernung eines Muttermals selbst einwilligen.
Dokumentation
Die Aufklärung hat immer mündlich zu erfolgen! Schriftliche Aufzeichnungen sind nicht zwingend erforderlich, aus beweisrechtlichen Gründen aber dringend zu empfehlen. Üblicherweise wird insoweit auf standardisierte Aufklärungsbögen zurückgegriffen. Diese können ein Indiz für den Inhalt des durchgeführten Aufklärungsgesprächs darstellen. Allerdings sollte hierbei auf die Individualisierung des Bogens geachtet werden. Hilfreich sind Vermerke innerhalb des Bogens sowie eine Zusammenfassung der wesentlichen mit dem Patienten besprochenen Risiken am Ende des Bogens im Bereich der Einwilligungserklärung.
Fehlt eine Dokumentation des Gesprächs ist zwar der Nachweis immer noch möglich, gleichwohl aber deutlich erschwert. Daher sollte vor der Operation immer noch einmal geprüft werden, ob die Aufklärung erfolgt ist und auch nachgewiesen werden kann
Fazit
Bei der Schadenbearbeitung im Arzthaftungsrecht geht es häufig nicht nur um sogenannte „echte“ Behandlungsfehler, sondern eben auch immer wieder um Fehler im Rahmen der Aufklärung. Diese konzentrieren sich nicht nur auf den reinen Inhalt der Aufklärung, sondern zunehmend auch auf organisatorische Mängel. Es ist deshalb ratsam, in der Praxisorganisation Standards festzulegen, die eine ordnungsgemäße Aufklärung gewährleisten und sichern.
Autorin:
Rechtsanwältin Isabel A. Ibach